Minka Lesk: Im Schatten des Achten by Justin D Hill

Minka Lesk: Im Schatten des Achten by Justin D Hill

Autor:Justin D Hill
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2023-06-06T14:35:27+00:00


III

Blanchez hatte den Schuss des Scharfschützen gesehen. Nicht direkt, aber aus dem Augenwinkel. Somit hatte sie eine ungefähre Vorstellung davon, woher der Schuss gekommen war. Sie ging in Deckung und wartete. Irgendwann musste er sich bewegen. Sie ließ ihren Blick entspannt über die Fenster der Habs schweifen.

Es war ein guter Schuss gewesen, was auf einen guten Schützen schließen ließ. Sie lockerte die Schultern, um wachsam zu bleiben. Dann stellte sie das Zielfernrohr auf die ungefähre Distanz ein.

Sie hörte, wie der Exterminator das Feuer eröffnete. Der gefrorene Felsbeton erzitterte unter dem Lärm.

Komm schon, dachte sie. Zeig dich.

Sie wartete knapp zehn Minuten, bevor sie ihn sah. Er lag gut getarnt hinter einem gesprungenen Fenster. Das gespiegelte Licht hatte ihn verborgen, bis er von der zersplitterten Scheibe zurückgekrochen war.

Ihr blieben nur wenige Sekunden. Sie nahm ihn ins Visier, schätzte die Abweichung infolge der Entfernung und gab einen kurzen Laserstoß ab, bevor sie wieder in Deckung ging.

Blanchez überquerte die Straße und hielt sich im Schatten der Pfahlhabs, bis sie den Rand des Gebäudes erreichte. Sie kroch näher, um einen besseren Blick zu erhaschen. Der Schnee hatte sich bis auf halbe Höhe der Fensterscheiben aufgetürmt. Die Plexglasscheiben waren unter seinem Gewicht zerbrochen. Sie hielt einen Moment inne, dann kletterte sie vorsichtig hinauf und ließ sich leise in ein ehemaliges Schlafzimmer fallen.

Der Raum war schmutzig. Die Wand war fleckig – sie konnte nicht erkennen, was für Flecken es waren – und das Bett war umgeworfen. Eine Kartonkommode war feucht geworden und halb in sich zusammengesackt.

Blanchez schlich durch den Raum zu einer zertrümmerten Pressspantür. Etwas hatte sie aufgebrochen. Als sie vorsichtig über die Glasscherben am Boden hinwegstieg, blieb sie stehen.

In der Ecke lag eine Puppe, ein Militarumsoldat. Ein Auge fehlte und dort, wo der Arm abgerissen worden war, quoll die Füllung heraus.

Blanchez hatte plötzlich eine Vision. Diese Tür war verbarrikadiert gewesen und etwas hatte sie eingeschlagen. Auf einmal ergab alles einen Sinn und vor ihrem geistigen Auge sah sie ein verängstigtes Kind hinter der splitternden Tür.

Sie bückte sich, hob die Puppe auf und steckte sie unter ihre Uniformjacke. Sie entdeckte weitere Flecken an den Wänden. Die Blutspuren eines Menschen, der an der Wand herabrutschte.

Sie betrat einen langen, leeren Korridor. An einem Anschlagbrett wehte ein Zettel im Windzug.

Blanchez ging weiter, vorbei an mehreren eingeschlagenen Habtüren.

In dem Gebäude schien es nur einen einzelnen Treppenaufgang zu geben. Sie blieb stehen und lauschte, hörte jedoch nichts. Sie schlich vorwärts. Dann entdeckte sie es. Ein rot glänzender Blutstropfen, der aus dem Schmutz herausstach. Sie berührte ihn mit dem Finger. Noch warm.

Sie trat ans Treppengeländer. Nichts. Aber einen Absatz tiefer entdeckte sie einen weiteren Tropfen.

Blanchez hob das Präzisionsgewehr und stieg die Stufen hinab. Sie wusste, wie schwer es war, eine Blutung zu stillen. Die Tropfen kamen in kürzeren Abständen, als sie die Treppe hinabstieg, was bedeutete, dass der Verwundete langsamer geworden war.

Die Spur führte hinab ins Untergeschoss, einem fensterlosen Lagerraum im Keller des Habblocks. Sie setzte ihre Wärmebildbrille auf und glitt langsam durch die Tür.

Die Brille tauchte den Raum in trübe blaue und violette Farben.



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